Wanderfalke
Wanderfalke |
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Wanderfalke
(Falco peregrinus), Weibchen mit Nestling |
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Falco
peregrinus |
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Tunstall, 1771 |
Der Wanderfalke (Falco
peregrinus) ist ein Greifvogel aus der Familie der Falken (Falconidae). Er zählt zu den
größten Vertretern der Familie. Der Wanderfalke ist die am weitesten
verbreitete Vogelart der Welt; er besiedelt bis auf Antarktika
alle Kontinente. Wanderfalken sind primär Felsbrüter und bewohnen in erster
Linie gebirgige Landschaften aller Art sowie Steilküsten. In den letzten Jahrzehnten
hat die Art in vielen Teilen des Verbreitungsgebietes auch Städte und
Industrieanlagen mit ihren zahlreichen „Kunstfelsen“ besiedelt.
Wanderfalken sind
hochspezialisierte Vogeljäger; die Nahrung besteht fast ausschließlich aus
kleinen bis mittelgroßen Vögeln, die im freien Luftraum erjagt werden. Die
spektakulären Sturzflüge aus großen Höhen bei der Jagd und die dabei erreichten
hohen Geschwindigkeiten, der durch das Insektizid DDT verursachte
Bestandseinbruch und die anschließende Bestandserholung mit der Ansiedlung in
vielen Städten haben den Wanderfalken zu einer der weltweit bekanntesten
Greifvogelarten gemacht.
Beschreibung
Ausgefärbte (adulte) Wanderfalken
sind auf der gesamten Oberseite dunkelblaugrau. Die Unterseite ist auf weißem
bis cremefarbenem Grund überwiegend dunkel quergebändert, nur der vordere Hals
und die obere Brust sind sehr variabel leicht bis kräftig dunkel gefleckt oder
gestrichelt. Kennzeichnend für die Art ist der sehr kräftige, schwarze
Bartstreif, der von der hellen Kehle scharf abgesetzt ist. Die Iris der Augen
ist dunkelbraun, Wachshaut, Augenring und Beine sind gelb, die Krallen sind
schwarz.
Während die Färbung der
Geschlechter sehr ähnlich ist, zeigen Wanderfalken einen starken reversen Geschlechtsdimorphismus hinsichtlich der
Körpergröße. Kleine Männchen haben eine Körperlänge von 35 cm und eine
Flügelspannweite 79 cm, große Weibchen eine Körperlänge von 51 cm und
eine Spannweite von 114 cm. Mitteleuropäische Männchen haben eine Flügellänge
von 289–334 mm und wiegen 550–750 g, die Flügellänge von Weibchen aus
diesem Raum beträgt 339–375 mm und das Gewicht 740–1300 g.
Wanderfalken zählen damit zu den größten Arten der Gattung Falco, nur Sakerfalke
und Gerfalke
sind noch größer.
Das Flugbild des
Wanderfalken ist typisch falkenartig mit einem kräftigen Rumpf, einem großen
Kopf, relativ langen, etwas dreieckigen, spitzen Flügeln und einem
mittellangen, leicht gerundeten Schwanz. Beste Erkennungsmerkmale sind die sehr
dunkle Oberseite, die helle, quergebänderte Unterseite und der auch auf größere
Entfernung erkennbare Bartstreif. Häufig kann die Art auch aufgrund des
Verhaltens erkannt werden (siehe unten).
Frisch ausgeflogene
Jungvögel unterscheiden sich erheblich von den adulten (ausgefärbten) Vögeln.
Junge Wanderfalken sind auf der Oberseite schwarzbraun, alle Deckfedern sind
hell bräunlich gerändert. Die Unterseite ist auf rötlich braunem Grund
dunkelbraun längsgestreift. Der Backenstreif ist weniger kräftig als bei den
adulten Falken und hebt sich gegen die rotbraunen Kopfseiten viel weniger ab.
Die Beine, die Wachshaut und der Augenring sind blaugrau. Wanderfalken mausern
ab dem Frühjahr des zweiten Kalenderjahres, also im Alter von ca. 12 Monaten,
in das Adultkleid und sind im Herbst des zweiten Kalenderjahres nicht mehr von
den adulten unterscheidbar.
Lautäußerungen
Beide Geschlechter rufen
in Brutplatznähe häufig. Der bei Beuteübergaben oder beim „Nestzeigen“
geäußerte „Balzruf“ ist ein weit hörbares, deutlich zweisilbiges, gereihtes
„akzick-akzick“, das bei zunehmender Erregung immer schneller wiederholt wird.
Der Alarmruf ist ein durchdringendes, scharfes „eeek-eeeek-eeeeek“, das bei
leichteren Störungen langgezogen ist (Stimmbeispiel). Bei
massiven Störungen (z. B. Nestkontrollen) wird dieser Ruf von den dann
meist über dem Brutplatz kreisenden Falken in immer höherer Frequenz geäußert
und klingt dann wie „eek-eek-eek-eek“. Dieser Ruf wird auch als Lahnen
bezeichnet. Weit weniger auffällig ist zum Beispiel der Warnruf, mit dem der
Partner auf eine Störung aufmerksam gemacht wird, dieser klingt wie „kjuck“ und
ist nur aus geringer Entfernung hörbar.
Verbreitung
und Lebensraum
Wanderfalken kommen auf
allen Kontinenten außer auf Antarktika vor. Sie haben außerdem auch die meisten
größeren Inseln und Inselgruppen besiedelt, sie fehlen nur auf den Inseln der Karibik, Neuseelands
und in Island. Der Wanderfalke ist damit der am weitesten verbreitete Vogel der
Welt. Die weltweite Verbreitung der Art ist wesentlich auf ihre sehr
unspezifischen Lebensraumansprüche zurückzuführen; diese beschränken sich
letztlich auf eine gesicherte Brutmöglichkeit und freien Luftraum mit einem
ausreichenden Angebot an Vögeln in einem nicht zu heißem Klima.
Die
Sächsische Schweiz zählt zu den optimalen
Lebensräumen felsbrütender Wanderfalken in Mitteleuropa
Im größten Teil des
Verbreitungsgebietes sind Wanderfalken Felsbrüter. Sie finden sich daher
weltweit vor allem in Regionen mit Felsen. Geschlossen bewaldete und/oder großräumig
felsfreie Gebiete werden nur regional in Mittel- und Osteuropa, im Nordwesten
Nordamerikas und in Teilen Australiens besiedelt; hier brüten Wanderfalken dann
in Greifvogelhorsten oder in großen Baumhöhlen, wobei Baumhöhlen nur in
Nordamerika und Australien genutzt werden. Ebenfalls nur regional brütet die
Art als Bodenbrüter in großen Mooren, vor allem im Baltikum und im
Norden Skandinaviens,
Finnlands
und Russlands. Wanderfalken fehlen in den tropischen Wäldern der Niederungen Südamerikas
und Afrikas und
in den Steppenregionen
Asiens. Sie meiden außerdem die ariden
Zonen Amerikas,
Afrikas und im Inneren Australiens.
In vielen Teilen der
Welt, vor allem in Europa und Nordamerika, haben Wanderfalken in den letzten
Jahrzehnten auch große Gebäude in Städten und Industrieanlagen als
„Kunstfelsen“ besiedelt. Außerhalb der Brutzeit und im Winterquartier sind
Wanderfalken auch in vogelreichen Lebensräumen aller Art anzutreffen,
z. B. auch an Küsten und in großen Feuchtgebieten.
Systematik
Externe
Systematik
Der Artstatus des
Wanderfalken ist unumstritten, die systematische Stellung innerhalb der Gattung
Falco ist jedoch noch nicht abschließend geklärt. Bei einer
systematischen Untersuchung anhand des mitochondrialen
Cytochrom-b-Gens
wurde für die Art ein Schwestergruppenverhältnis zu den Großfalken der Hierofalco-Gruppe (Lannerfalke,
Gerfalke, Sakerfalke
und Laggarfalke)
und zum Präriefalken festgestellt.[1] Bei
einer weiteren Untersuchung auf Basis der CR-Region der mitochondrialen DNA wurde jedoch ein
Schwestergruppenverhältnis zum Präriefalken festgestellt, beide Arten bildeten
hier ein Schwestertaxon zur Hierofalco-Gruppe.[2]
Interne
Systematik
Wanderfalken zeigen eine
deutliche Größenzunahme nach Norden. Außerdem sind die Wanderfalken in feuchten
Klimaten insgesamt relativ dunkel, zu trockeneren Klimaten hin werden sie immer
heller. Die Abgrenzung der Unterarten ist komplex und wird in der Wissenschaft
intensiv diskutiert. Die Übergänge zwischen den Unterarten sind meist fließend;
je nach Autor unterscheiden sich Anzahl und geographische Abgrenzung der Unterarten
daher oft erheblich.
Verbreitungskarte
der Unterarten
Die folgende Darstellung
basiert im wesentlichen auf Ratcliffe (1993). Insgesamt werden von ihm 19
Unterarten unterschieden:
Jagdweise
Wanderfalken jagen fast
ausschließlich Vögel im freien Luftraum. Da eine gedeckte Annäherung an die
Beute hier nicht möglich ist, wird der
Überraschungsmoment durch die Annäherung mit größtmöglicher Geschwindigkeit
erreicht. Der Beute bleibt dann nur ein sehr kurzes Zeitfenster zur Reaktion.
Die beiden wesentlichen Jagdtechniken sind der Steilstoß aus großer Höhe und
der Flachstoß von einer Warte.
Beim Steilstoß kreist
der Falke in größerer Höhe und wartet auf Vögel, die unter ihm entlang fliegen.
Der Falke geht dann in den Sturzflug über und legt die Flügel an, die Steuerung
erfolgt mit den Daumenfittichen. Höchstwahrscheinlich benutzen die
Falken für den eigentlichen Schlag dann die ungeöffneten Füße. Der Falke fliegt
nach dem Schlag aufgrund seiner großen Geschwindigkeit an der Beute vorbei und
kehrt dann in einer Kurve zu dieser zurück. Die Beute wird häufig allein durch
den Aufprall getötet, falls sie nur verletzt ist, tötet der Falke sie dann mit
einem Biss ins Genick. Vögel, die den anfliegenden Falken rechtzeitig bemerken,
beginnen sofort, sehr eng zu kreisen. Diese Manöver kann der anfliegende Falke
aufgrund seiner hohen Geschwindigkeit nicht mitmachen und ist dann meist
erfolglos. Es wird oft vermutet, dass der Wanderfalke bei seinen Sturzflügen
konkurrenzlose Spitzengeschwindigkeiten von 340 km/h oder mehr erreichen
kann, verlässliche Radarmessungen in freier Wildbahn ergaben bisher jedoch nur
Spitzengeschwindigkeiten von 140 km/h.[3]
Beim Flachstoß von einer
Warte erfolgt die Annäherung an die Beute von hinten und etwas versetzt
unterhalb der Beute. Wanderfalken können jeden anderen Vogel im Geradeausflug
schnell einholen, hier stellt der Falke das Überraschungsmoment also durch die
schnelle Annäherung im „toten Winkel“ der Beute her. Der Beutevogel wird dann
von hinten und unten gegriffen. Wenn Vögel die Annäherung des Falken
rechtzeitig bemerken, haben sie relativ gute Chancen zu entkommen. Kleinere
Vögel (z. B. Stare) lassen sich sofort fallen, größere wie Tauben versuchen
ähnlich wie bei Steilstößen durch das Fliegen sehr enger Kurven zu entkommen,
auch in diesen Fällen ist der Falke dann meist aufgrund seiner zu geringen
Wendigkeit erfolglos.
Diese beiden Grundmuster
der Jagd werden vielfältig variiert oder auch kombiniert. Insbesondere
außerhalb der Brutzeit jagen die Paare häufig gemeinsam, die Annäherung an
einen Beutevogel erfolgt dann in einem gewissen Abstand zueinander, so dass der
zweite Falke bei einem Fehlstoß des ersten auf den ausweichenden Vogel
nachstoßen kann. Weicht der Vogel nach oben aus, folgt einer der Falken dem
Vogel in die Höhe, während der andere (meist das Weibchen) unter dem Beutevogel
kreist und ihm so den Weg nach unten abschneidet.
Ernährung
Wanderfalken fressen
fast ausschließlich kleine und mittelgroße Vögel. Das Maximalgewicht der Beute
liegt bei etwa 500 g, das entspricht etwa dem Gewicht einer Ringeltaube
oder einer Aaskrähe.
Die meisten Beutevögel sind jedoch deutlich leichter.
Fliegender
Wanderfalke an der Küste Kaliforniens
Welche Arten im Beutespektrum
dominieren, hängt vom lokalen Angebot ab. Die Jagdmethoden des Wanderfalken
sind am erfolgreichsten bei Vögeln, die über eine längere Strecke geradeaus
fliegen. In weiten Teilen West- und Mitteleuropas dominieren daher Haustauben in
der Beute. Im Sommerhalbjahr sind dies vor allem die in großer Zahl zu
Wettflügen über große Entfernungen aufgelassenen Brieftauben,
in Städten und an Felsküsten zusätzlich wilde Straßentauben
bzw. die Felsentaube.
Besonders im Herbst und im Frühjahr spielen Zugvögel, vor allem Drosseln und Stare
eine wichtige Rolle bei der Ernährung. An Küsten leben Wanderfalken vor allem
von Seevögeln wie Möwen, Lummen und Alken.
Wanderfalken jagen bis
weit in die Dämmerung hinein; Fledermäuse,
vor allem früh fliegende Arten wie Abendsegler,
sind daher die einzigen regelmäßig erbeuteten Säugetiere. In Großstädten nutzen
Wanderfalken das große Kunstlichtangebot und jagen nachts ziehende Vögel wie Rallen und Limikolen, in
Berlin
z. B. häufig Wasserrallen, Wachtelkönige
und Waldschnepfen.[4]
Fortpflanzung
und Lebensalter
Wanderfalken sind im
zweiten Kalenderjahr, also im Alter von etwa 9 Monaten, geschlechtsreif. Im
Vorjahr geborene Individuen sind als Brutvögel in intakten Populationen
aufgrund der großen innerartlichen Konkurrenz jedoch sehr selten.
Wanderfalken sind in
Mitteleuropa ganzjährig in ihren Revieren anzutreffen. Etwa ab Januar beginnt
die meist nicht sehr auffällige Balz damit, dass die Revierpartner dicht
nebeneinander auf Warten sitzen und bei gutem Wetter zusammen über dem Revier
kreisen. Etwa 6 Wochen vor der Eiablage beginnt das Männchen das Weibchen mit
Beute zu versorgen, das Weibchen ist dann kaum noch aktiv. Einige Wochen vor
der Eiablage ist der Höhepunkt der Balz erreicht, sie besteht nun neben den
Beuteübergaben vor allem aus dem „Nestzeigen“ des Männchens. Dieses kratzt an
den potenziellen Brutplätzen eine Mulde und versucht das Weibchen durch lautes
„akzicken“ dorthin zu locken.
Wanderfalken bauen wie
alle Falken keine Nester. Felsbrüter nutzen vorhandene kleine Höhlen oder
Felsbänder sowie verlassene Nester von anderen in Felswänden brütenden größeren
Vögeln, z. B. Kolkraben. Baumbrüter nutzen verlassene Nester von anderen Greifvögeln,
Reihern oder
Kolkraben. Die Eiablage erfolgt in Mitteleuropa meist Mitte März bis Mitte
April, ausnahmsweise bereits ab Ende Februar oder, vor allem bei Nachgelegen,
bis Mitte Mai. Die Gelegegröße beträgt meist 3–4 (1–5) Eier. Die Eier sind
recht rundlich, messen im Mittel etwa 51x41 mm und wiegen 39–48 g. Sie
sind auf gelblichem Grund sehr dicht rot- oder gelbbraun gefleckt und wirken
daher aus größerer Entfernung oft einfarbig braun. Die Brutdauer beträgt 34–38
Tage.[5]
Die Jungvögel fliegen mit etwa 42 Tagen (Männchen) bzw. 46 Tagen (Weibchen)
aus. Die Jungvögel bleiben meist etwa 4 bis 6 Wochen im Revier der Eltern und
wandern dann ab. Wanderfalken erreichen ein Maximalalter von über 15 Jahren,
das nachgewiesene Höchstalter sind fast 18 Jahre.[6]
Wanderfalke
im Jungendkleid am Morro Rock Kalifornien
Wanderungen
Wanderfalken sind je
nach Vorkommen Standvögel bis Langstreckenzieher; die Zugneigung nimmt nach
Norden zu. Die Populationen der tropischen und mediterranen Zonen sind Stand-
oder allenfalls Strichvögel. In Mittel-, Nord- und Osteuropa wandern
insbesondere im ersten Lebensjahr viele Wanderfalken nach West- und
Südwesteuropa und überwintern dort, die adulten Wanderfalken sind hier jedoch
überwiegend Standvögel.[7] Die
arktischen Wanderfalken sind Langstreckenzieher. Die Vögel der Arktis Kanadas
und Alaskas ziehen nach Mittel- und Südamerika[8], die
Wanderfalken der russischen Arktis überwintern in Afrika und im Süden Asiens.
Bestandsentwicklung
und Gefährdung
Wanderfalken wurden
mindestens seit Ende des 19. Jahrhunderts von Taubenzüchtern intensiv verfolgt,
auch Eiersammler stellten Wanderfalken zumindest regional intensiv nach.
Aufgrund der Unzugänglichkeit vieler Brutplätze führte diese Verfolgung jedoch
nur regional zu stärkeren Bestandsrückgängen.
Ein großräumiger,
katastrophaler Bestandsrückgang des Wanderfalken wurde 1961 in Großbritannien entdeckt. Bei einem Zensus im
Jahr 1962 wurde ein Bestandsrückgang von 44 % für das ganze Land gegenüber
dem mittleren Bestand der Jahre 1930–39 festgestellt.[9] Im
Süden Englands
war die Art völlig verschwunden, in Wales und in Nordengland war der Bestand stark zurückgegangen
und nur in den schottischen Highlands war der Bestandsrückgang relativ gering.
Unabhängig davon waren ab 1951 gehäuft zerbrochene Eier in Wanderfalkennestern
gefunden worden, was vorher praktisch unbekannt war. Nach der Entdeckung des drastischen
Bestandseinbruches wurden daraufhin ältere Eischalen des Wanderfalken aus
Eiersammmlungen in Museen und bei Sammlern untersucht und ein schlagartiger
Rückgang der Eischalendicke um im Mittel etwa 20 % ab 1947 festgestellt.
Ähnliche Verringerungen der Eischalendicke wurden in Großbritannien auch bei Sperber
und Merlin gefunden.[10]
Katastrophale
Bestandseinbrüche und ein erheblicher Rückgang der Eischalendicke nach 1950
wurden zeitgleich oder nur wenig später in weiten Teilen der nördlichen
Hemisphäre verzeichnet. In Europa starb der Wanderfalke in Dänemark,
Polen, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und
der DDR bis Ende der
1970er Jahre aus, die Bestände in Skandinavien,
der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland, der Schweiz und Österreich
gingen bis auf wenige Paare zurück. Die Baumbrüterpopulation Mittel- und
Osteuropas starb vollständig aus. In den USA verschwand der
Wanderfalke aus allen Bundesstaaten östlich der Rocky
Mountains.
Der plötzliche Rückgang
der Eischalendicke nach 1946 fiel mit den Jahren der erstmaligen großflächigen
Anwendung von DDT in
der Land- und Forstwirtschaft zusammen. Ende der 1960er Jahre wurde
festgestellt, dass der Gehalt des DDT-Metaboliten
DDE (Dichlor-Diphenyl-Dichlorethylen) in den Eiern mit der
Eischalendicke negativ korreliert. Eine Abnahme der Eischalendicke um
17 % war mit einem DDE-Gehalt von 15–20 ppm
DDE bezogen auf das Frischgewicht des Eiinhalts verbunden.
Wanderfalkenpopulationen, deren durchschnittliche Eischalendicken
um 17 % oder mehr verringert waren, gingen stark zurück oder starben aus.[11]
Aufgrund seiner
toxischen Wirkung auf Wanderfalken und viele andere Greifvögel wurde DDT ab
Anfang der 1970er Jahre in allen westlichen Industriestaaten verboten. Die
Restbestände des Wanderfalken nahmen etwa ab Ende der 1970er Jahre wieder
überall stark zu, die Bestandserholung wurde durch den intensiven Schutz der
Brutplätze, wobei teilweise die Brutplätze während der Brutzeit bewacht wurden,
und zahlreiche Auswilderungsprogramme in vielen Regionen stark gefördert. Heute
sind fast alle Regionen, in denen Wanderfalken vor dem sogenannten „DDT-Crash“
heimisch waren, wieder besiedelt. Bis heute ist aber
die südliche Landeshälfte Finnlands, das Baltikum, Weißrussland, Ukraine mit
Ausnahme der Krim und der westliche Teil des europäischen Russlands
unbesiedelt. Im Zuge dieser Bestandserholung hat der Wanderfalke auch viele
Städte besiedelt, hier werden die Ansiedlungen häufig durch Brutplatzmanagement
intensiv betreut.
Der deutsche Bestand
stieg nach dem Tief um 1975 mit etwa 50 Paaren wieder stark an und umfasste
2006 etwa 950 Brutpaare (BP)[12],
in Österreich brüteten um 2004 wieder etwa 250 BP und in der Schweiz 2002 etwa
250 BP.[13]
Der europäische Gesamtbestand am Anfang des 21. Jahrhundert wurde auf etwa
6.600 BP geschätzt.[13]
Der Wanderfalke war Vogel des Jahres 1971 und damit
überhaupt die erste so bedachte Art.
Die IUCN schätzt die
Gesamtpopulation des Wanderfalken heute auf 10.000 bis 100.000 Tiere und hält
sie für stabil. Die Art wird als „nicht gefährdet“ eingestuft.
Wanderfalken
in Städten
Am
MetLife
Building in New York brüten seit 1990 Wanderfalken
Nestjunger
Wanderfalke in einem Nistkorb an einem Fern
Bis vor etwa 30 Jahren
waren Bruten des Wanderfalken an Gebäuden seltene Ausnahmen. Hauptursache war
vor 1955 die intensive Verfolgung, nach 1955 der Bestandszusammenbruch durch
DDT. Als Folge des „Pestizid-Crashs“ änderte sich die Einstellung des Menschen
zum Wanderfalken grundlegend. Im Verlauf der Erholung der Bestände ab Mitte der
1970er Jahre wurden auch Gebäude inner- und außerhalb von Städten besiedelt,
vor allem große Kraftwerke und große Gebäude in Stadtzentren. Ausnahmsweise
wird selbst an in Betrieb befindlichen Schaufelradbaggern
und Absetzern
in großen Tagebauen gebrütet. Diese Ansiedlungen wurden nun intensiv
unterstützt, vor allem durch die Anbringung geeigneter Nisthilfen. Wanderfalken
konnten so auch neue Populationen in großräumig felsfreien Gebieten etablieren.
Vor allem im Flachland machen Gebäudebrüter regional heute zum Teil einen
erheblichen Teil des Gesamtbestandes aus. Im Osten der USA brüteten 1993 etwa
34 % der Population an Gebäuden[14], im
Mittleren Westen der USA 1995 über 80 % [15], in
Nordrhein-Westfalen 1996 ebenfalls über 80 %.[16] In
der Bundesrepublik Deutschland brüteten im Jahr 2006 von den rd. 950 bekannten
Paaren gut 310 (= 33 %) an Bauwerken.[12]
Während adulten
Wanderfalken im urbanen Raum kaum Gefahren drohen, verunglücken hier viele eben
ausgeflogene Falken an technischen Hindernissen, vor allem durch Anflüge gegen
Glasfassaden und durch Stürze in große Schornsteine. In Berlin überlebten
1986–1999 34,3 % der ausgeflogenen Jungvögel nicht bis zum
Selbständigwerden[5];
auch in New York lag die Verlustrate 1983–1992 bei rund
33 %.[17]